Symposium Media’s Mapping Impulse Mainz 2016

Am Geographischen Institut der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) fand vom 16. bis 18. Juni 2016 das internationale Symposium „Media’s Mapping Impulse“ statt. Die interdisziplinäre Veranstaltung fokussierte den „Mapping Impuls“ von Medien, welcher von 24 WissenschaftlerInnen aus aller Welt diskutiert wurde. Gastgeber war das Organisationsteam um Anton Escher (JGU), Elisabeth Sommerlad (JGU), Chris Lukinbeal (University of Arizona) und Laura Sharp (University of Arizona). Die Veranstaltung wurde vom Zentrum für Interkulturelle Studien (ZIS) sowie von der Inneruniversitäten Forschungsförderung der Universität Mainz finanziell unterstützt. Herr Prof. Dr. Wolfgang Hofmeister, Vize-Präsidenten der Johannes Gutenberg-Universität, eröffnete das Symposium am 16. Juni feierlich mit einem Grußwort.

Im Fokus der Veranstaltung standen die vielfältigen Relationen zwischen unterschiedlichen Medien (u.a. Film, Social Media, Apps, Videospiele), Kartographie, „Geospatial Technologies“ und lokativen Medien. Aus verschiedenen Perspektiven der Geographie, der Kartographie und der Film- und Medienwissenschaft wurde hinterfragt, auf welche Art und Weise Medien und Karten die Wahrnehmung und Interaktion mit unserer alltäglichen Lebenswelt beeinflussen. Eine zentrale Annahme dabei ist, dass Massenmedien in ihrem alltäglichen Wirken permanent Räume der Kommunikation erzeugen, über die Bedeutungen, Ideologien und Machtverhältnisse verbreitet werden. Dabei haben sie einen offenkundigen und doch subtilen „Mapping Impuls“: Die ständige Neuerfindung und Kartierung der Welt in Hollywoodfilmen, die auf „Geo-Fencing“, „Geo-Tagging“ oder „Geo-Coding“ basierende Ortsbestimmung über lokative Medien oder die Verortung einer virtuellen Welt über soziale Medien sind hierfür nur drei Beispiele. Essenzielle philosophische Fragen des Symposiums war diesbezüglich: Wie zentral sind Media Mapping-Prozesse für die Geographien unserer alltäglichen Lebenswelt? Wann, wo, wie und warum arrangieren wir Dinge und uns selbst in bestimmten Ordnungen? Inwiefern werden durch Media Mapping Mythen kreiert und transportiert?

Eingeleitet wurde die Tagung von Tom Conley (Harvard University, USA) mit einem Vortrag  zum Thema „Old Maps & New Media: Sentient Geographies“. Darin führte er aus, dass sich über die Digitalisierung alter Medien einen völlig neuen Zugang und ein engeres Verhältnis zu diesen ermöglicht. So erlangt man beispielsweise durch das Hereinzoomen in handgezeichnete Karten oder Buchillustrationen einen neuen Blick auf diese, da Details und Bedeutungen erkannt werden können, die zuvor nicht ersichtlich waren.

An den folgenden zwei Tagen stellten die Teilnehmer in Form von Vorträgen und Posterpräsentationen unterschiedliche Ansätze vor, um den Mapping-Impuls von Medien zu verdeutlichen. Dabei wurde ein vielfältiges Themenspektrum aufgezeigt: Eine Vielzahl an Beiträgen setzte sich mit filmischen Inhalten und ihrem Mapping Impulse auseinander, so z.B. mit Überlegungen dazu, dass geographische Repräsentationen im Film und Kartographie zwar auf gleichen Ursprüngen basieren (scale), sich aufgrund unterschiedlicher historischer Entwicklungen und Maßstäbe dennoch grundlegend voneinander unterscheiden (Chris Lukinbeal und Laura Sharp, University of Arizona, USA). Thematisiert wurden zudem der Einsatz und die Funktionen von Aerial Views in Spielfilmen (Giorgio Avezzù, Catholic University of the Sacred Heart, Italien), die Darstellung der MENA Region in TV Dokumentationen über den Zweiten Weltkrieg (Eva Kingsepp, Karlstad University, Schweden), der historische Einsatz von Globen, animierten und animistischen Karten in Spielfilmen (Teresa Castro, Université Sorbonne Nouvelle, Frankreich), die vielschichtige Darstellung und (un)möglichen Kartierung der Cinematic City Marrakech  (Anton Escher und Elisabeth Sommerlad, JGU) sowie der Einfluss von Filmen auf unsere Wahrnehmungen der Welt und auf die Entstehung kognitiver Karten (Marion Plien, JGU).

Ein weiterer Vortrag setzte sich am Beispiel zweier Landschaftsbilder aus den Niederlanden mit der visuellen Kultur von Geomedien auseinander (Gavin MacDonald, Manchester Metropolitan University, UK). Mobile Navigationssysteme waren ebenfalls diskutierter Gegenstand. So wurde die automatisierte Steuerung und Navigation von Automobilen reflektiert (Sam Hind, University of Warwick, UK), wie auch die kritische Frage, inwiefern mobile Karten-Apps wirkliche kartographische Tools sind oder vielmehr Spielzeuge, die mit Kartographie nur noch wenig zu tun haben (Gertrud Schaab und Christian Stern, Hochschule Karlsruhe).  Noch anwendungsbezogener befassten sich Beiträge mit dem Einsatz unterschiedlicher kartographischer Darstellungen in Videospielen (Stephan Pietsch, IfL Leipzig) oder auch der Frage danach, wie Szenarien basierte Planungsprozesse Gemeindeplanungen beeinflussen. Hierzu wurde auf ein konkretes empirisches Beispiel aus der Lake-Michigan Region zurückgegriffen (Stephen Buckman, University of South Florida, USA). Darüber hinaus thematisierte ein Beitrag persistente Narrative (Magie, Mobilität, Gefahr) in kolumbianischer Tourismuswerbung und setzte sich dabei mit der Frage auseinander, ob hierdurch von einer Mediatisierung sowie von einem Re-Mapping des Tourismus in dem südamerikanischen Land die Rede sein kann (Susan Mains, University of Dundee, UK). Refugee Risk Maps waren Gegenstand eines Vortrags, der die Frage stellte, inwiefern diese Karten, die den Zustrom von Einwanderern in die EU abbilden, widersprüchliche Ängste schüren – so beispielsweise hinsichtlich der Integrität europäischer Grenzen oder humanitärer Ideale  (Paul Adams, University of Texas, USA). Zudem wurde der Mapping Impuls von sozialen Medien diskutiert und hierbei insbesondere auf die Lokalisierung und Verbreitung von „Selfies“ auf  und über Twitter thematisiert (Ate Poorthuis, Singapore University of Technology and Design). Eine weitere Präsentation thematisierte Crowdsourcing-Plattformen und kritische Web-Mapping-Tools als Chancen für städtische Gegenkultur-Bewegungen und den Impuls, den solche Mapping-Techniken konkret auf  städtische Bewegungen gegen Leerstand haben (Gregor Arnold, JGU). Ein von den Stadtteilgemeinschaften von Siena (Italien) ins Leben gerufene Online-Museum, welches eine Karte der Innenstadt als Index nutzt, war Gegenstand einer anderen Präsentation. Hier lag ein Fokus unter anderem darauf, wie die Gemeinschaften durch die Webseite ihre eigene Version von Stadtgeschichte konstruieren (Tobias Boos, JGU). Darüber hinaus wurde ein multimediales Projekt vorgestellt, dass anhand von Fotografien, interaktiven Karten und Filmausschnitten ortsbezogene Identitäten thematisiert (Johnny Finn, Christopher Newport University, USA). Auf theoretischer Ebene befasste sich ein Vortrag mit dem Schlagwort des Media Slurry und der proklamierten Tatsache, dass wir tagtäglich von undurchsichtige mediale Praktiken umgeben sind die es uns zunehmend unmöglich machen, zwischen mediatisierten und nicht-mediatisierter Wirklichkeit bzw. zwischen real und unreal zu unterschieden (Marcus Doel, Swansea University, UK). Ebenfalls theoretisch beleuchtete eine Präsentation unsere jüngsten Obsessionen mit lokativen Medien. Der Referent stellte die provokante These auf, dass diese dafür verantwortlich ist, dass die im Spätkapitalismus lebende Menschheit zunehmend ihr ortsbezogenes Zugehörigkeitsgefühl verliert, dadurch Verwirrungen ausgesetzt ist und schlussendlich ihr Wohlbefinden verliert (David Clarke, Swansea University, UK).  Eine philosophische Herangehensweise wählte auch ein Vortrag zum Thema Geology of Media / Media Archaeology (Verena Andermatt Conley, Harvard University, USA; vorgetragen von Tom Conley). Denis Wood (USA) forderte zudem das übergreifende Thema der Konferenz, „Media’s Mapping Impulse“, heraus. Er referierte über den komplizierten Media Impulse von Karten und stellte infrage, dass Karten überhaupt mediatisiert sind bzw. mediatisieren können.

Insgesamt zeigte sich im Rahmen der Präsentationen und kontroversen Diskussionen, dass keinesfalls von nur einem „Media’s Mapping Impulse“ die Rede sein kann. Vielmehr kann davon ausgegangen werden, dass die Relationen zwischen Medien, Kartographie und Mapping-Prozessen so vielschichtig und divers sind, dass sich der Thematik auf ganz unterschiedliche Art und Weise und mit unterschiedlichen Fragestellungen und Methoden angenähert werden kann. „Media’s Mapping Impulse“ ist ein omnipräsentes Phänomen unseres alltäglichen Lebens und somit ein integraler Bestandteil unserer Erfahrung und Fasson, wie wir unsere Welt wahrnehmen, deuten und aushandeln. Der Mapping-Impuls von Medien ist dabei so allgegenwärtig, dass er untrennbar mit unseren geographischen Erfahrungen verschmilzt. Zunehmend verstehen wir uns und unseren Platz in der Welt durch mediatisierte Wissenswege. Das Symposium hat fruchtbare Ergebnisse und neue Möglichkeiten der interdisziplinären, internationalen akademischen Zusammenarbeit gefördert hervorgebracht. Die Beiträge des Symposiums werden im kommenden Jahr in einem neuen Sammelband der MGM-Reihe (Media Geography at Mainz, Steiner Verlag) publiziert.