Im Rahmen der Exkursion bewegte sich die Studierendengruppe, geleitet von Prof. Dr. Hans-Joachim Fuchs, für zwei Wochen mit dem Reisebus durch die Niederlande – vom hügligen Mergelland bis hin zum Wattenmeer östlich der Insel Texel. Die Gruppe von 21 Geographiestudent*innen, Herrn Fuchs und dem exkursionserfahrenen Busfahrer Thomas Eisele konnten während dieser 14 Tage die ganze geographische Bandbreite der Niederlande erkunden, ohne dabei auch nur eine Sekunde lang das Gefühl gehabt zu haben, nicht jeden Moment intensiv genutzt zu haben. So wurde allen schnell klar, dass es keine langen Strandpausen oder gemütliche Fahrradtouren geben würde – schließlich war die Zeit stets „der größte Feind“ wenn es darum ging, möglichst große Teile der enormen Vielfalt der Niederlande kennenzulernen.
Kurz hinter der deutsch-niederländischen Grenze bei Vaals begann die Exkursion. Der Drielandenpunt eint dabei nicht nur die drei europäischen Länder Niederlande, Belgien und Deutschland, sondern ist gleichzeitig die höchste niederländische Erhebung (322,4 (!) Meter). Gen Westen präsentieren sich die Niederlande dann von ihrer geläufigeren Seite. Während auf belgischem Staatsgebiet vorerst noch der Antwerpener Hafen begutachtet wurde, zeigte sich auf niederländischer Seite neben dem Rotterdamer auch der Vlissinger/Terneuzener Hafen. Die genannten Hafenareale profitieren allesamt von der wirtschaftlich attraktiven Lage und den dafür geeigneten Wasserwegen ins Hinterland. Ebendiese bringen den Niederlanden allerdings auch ausreichend Herausforderungen – von Sturmfluten bis hin zum kontinuierlich ansteigenden Meeresspiegel. Die Gegenmaßnahmen für diese Probleme wurden und werden unter dem Namen Deltaplan umgesetzt.
Diese Konstruktionen wurden seit den 1950er Jahren vom Landesinneren aus in Richtung Meeresküste in kleinschrittiger, hochtechnisierter Umsetzung unter hohem finanziellen Aufwand gebaut. Bis auf die Westerschelde, die als einziger Mündungsarm des gesamten Rhein-Maas-Schelde-Deltas offen geblieben ist, sind die restlichen Mündungsarme alle nach und nach geschlossen worden. Die Bauwerke unterscheiden sich dabei allesamt: Manche sind dauerhaft geschlossene Deiche, andere sind nur bei Flut geschlossen (bei Ebbe aber offen), wiederum andere werden nur bei Springflut/Hochwasser geschlossen.
Auf dem Weg in Richtung Amsterdam sahen wir eine beeindruckende Auswahl an Dammkonstruktionen, die sich über Kilometer durch das Meer ziehen und mithilfe von skandinavischen Basaltsäulen stabilisiert werden. Besonders beeindruckend blieb unter diesen das Maeslantkering bei Rotterdam in Erinnerung – ein durch zwei Arme schließbares Konstrukt, das circa zwei Millionen Menschen schützt. Die Ausmaße zeigen sich am besten in Zahlen: Ein Stahlarm wiegt etwa doppelt so viel wie der Eifelturm, die Kugelgelenke, die am Ende der Arme sitzen, haben einen Durchmesser von zehn Metern und sind somit die größten der Welt.
Neben den physisch geographischen Aspekten wie der Geomorphologie Texels, dem Mergelland, den Torfmooren oder dem Wattenmeer hinter Texel wurden auch viele humangeographische Elemente in den Niederlanden behandelt. Zu diesen zählen unter anderem die Gentrifizierung in Amsterdam, die wir beispielhaft im Amsterdamer Viertel Jordaan beobachten konnten. Außerdem humangeographisch relevant ist auch der Massentourismus, welcher besonders in Scheveningen, aber auch in kleineren Orten wie Giethoorn, in vielerlei Hinsicht eine enorme Auswirkung auf die Region hat.
Alles in allem stellten die 14 Tage eine durchdringende Verzahnung mit all den Wechselwirkungen à la Humboldt zwischen den beiden großen Teildisziplinen der Geographie dar, die auf der Exkursion an unterschiedlichsten Orten wahrgenommen werden konnten. In Erinnerung bleibt die Art der Niederländer, mit den zahlreichen gegenwärtigen Herausforderungen umzugehen: mit einem effektiven Pragmatismus und Innovationsgeist wie beispielsweise der Floating Farm in Schiedam, modernster Architektur in Rotterdam, hochmodernen Verkehrslösungen wie dem größten Fahrradparkhaus der Welt in Utrecht und generell einer beachtlichen Weltoffenheit der Bevölkerung. In vielerlei Hinsicht gaben sich die Niederlande als ein Nachbarland, von dem wir in Deutschland noch einiges lernen könnten.
Leon Schött und Felix Süßer