Die diesjährige Rheingau-Exkursion vom 2. bis 4. September 2020 wurde von 17 Geographiestudierenden der JGU Mainz maßgeblich mitgestaltet. Unterstützung bei der digitalen Vorbereitung und praktischen Durchführung vor Ort erhielten die Studierenden von Univ.-Prof. Dr. Anton Escher und Marie Karner. Einen Einblick in ihre Themen geben die folgenden sechs von den Gruppenverantwortlichen verfassen Beiträge:
Ausgehend von Bingen wurde die historische Entwicklung der Schifffahrt auf dem Rhein, dem Namensgeber der Region, von Lisa Hottum, Hanna Riedel und Lisa Weidler vorgestellt. Bei einer Fährüberfahrt nach Rüdesheim konnten die TeilnehmerInnen den Rhein mit allen Sinnen wahrnehmen. Auf der anderen Uferseite lag der Fokus auf der Rheinbegradigung. Ein Natur- und Artenschutzexperte des NABUS, Dr. Jürgen Hoffmann, erläuterte die Auswirkungen auf Flora und Fauna. Diese Informationen lieferten Argumente, um - mit Blick auf die Ruinen der Hindenburgbrücke - über die mögliche Errichtung einer neuen Rheinbrücke zu diskutieren.
Sie ist bereits von weitem sichtbar: Die Germania thront über Rüdesheim. Ein Denkmal, das an den deutsch-französischen Krieg von 1870/71 und die Einigung des Kaiserreiches erinnert. Bis heute ein beliebtes Ausflugsziel, das bequem mit der Seilbahn oder zu Fuß durch die Weinberge zu erreichen ist. Die Aussicht von der Plattform lohnt, doch ist der Hintergrund des Niederwalddenkmals nicht allen Besuchern bekannt. Dies wurde in einer Touristenumfrage deutlich, die Deborah Wiener und Carl Marhoffer gemeinsam mit ExkursionsteilnehmerInnen durchführten. Welche Bedeutung hat das Nationaldenkmal heute? Sollte es abgerissen, beibehalten oder gebrochen werden? Die Devise der Studierenden lautet: „Denken statt denkmalen!“, um sich kritisch mit der deutschen Vergangenheit auseinanderzusetzen.
Im beschaulichen Ort Oestrich-Winkel behandelten die TeilnehmerInnen das Thema „Rheinromantik“. Marc Belling, Katharina Lumbeck und Luzie Schneider organisierten nicht nur eine Führung im berühmten Brentanohaus, in welchem auch Johann Wolfgang von Goethe einst verweilte, sondern forderten von den Studierenden viel Eigeninitiative. In Kleingruppen mussten sie sich mit Themen der Rheinromantik beschäftigen und zum Beispiel Gedichte verfassen, wie es einst Goethe und Achim von Arnim an besagtem Ort vollzogen. Ihrer künstlerischen Kreativität waren dabei keine Grenze gesetzt, was die abschließenden Präsentationen der Studierenden eindrucksvoll bezeugten.
Das Thema „Klöster“ erkundeten Studierende am Beispiel von zwei äußerst unterschiedlich genutzten Einrichtungen. Bei einer Führung durch das Kloster Eberbach wurden die verschiedenen romanischen Räumlichkeiten und der Funktionswandel über die Zeit von Frau Scholl verdeutlicht: Heute wird die große Basilika für Konzerte genutzt und im einstigen Hospital werden Weinproben abgehalten. Die Dreharbeiten des Filmes „Der Name der Rose“, die im Kloster Eberbach stattfanden, verhalfen diesem zu weltweiter Berühmtheit. Sie fügen sich in das Bild der Kommerzialisierung des sakralen Raumes ein, wie Alina Heider, Viktor Pempera und Marc Hertel vor Ort erklärten. Das Koster Eberbach entwickelte sich zu einem Tourismusmagnet, verwaltet von einer gemeinnützigen Stiftung öffentlichen Rechts.
Im Gegensatz dazu findet in der Benediktinerinnenabtei Sankt Hildegard bei Rüdesheim noch aktives klösterliches Leben statt. Die Ordensschwestern sind die einzigen in Deutschland, die bis heute Weinbau betreiben. In einem Gruppengespräch mit Schwester Gisela wurde allerdings ebenfalls die enorme wirtschaftliche Bedeutung des Tourismus deutlich. Besuchern werden nicht nur Gottesdienste, sondern auch ein Klosterladen mit Vinothek und ein Klostercafé geboten.
In der Stadt Eltville am Rhein, die mit dem Image der Wein-, Sekt- und Rosenstadt für sich wirbt, begann der letzte Tag der Exkursion. Aus unterschiedlichen Perspektiven untersuchten Studierende das Stadtimage und erhielten dazu von Valentin Guckelsberger, Fynn Reßler und Leon Mathis Schwier differenzierte Aufgaben. In Kleingruppen wurden nicht nur Verantwortliche der Stadtverwaltung und -vermarktung qualitativ interviewt, sondern auch eine quantitative Befragung mit Einwohnern und Besuchern der Stadt durchgeführt. Eine andere Gruppe kartierte physische Indikatoren in der Innenstadt, die auf das Stadtimage hinweisen. Im Anschluss wurden Fragen der Imageproduktion, Imagewahrnehmung und ihr Zusammenhang mit der physischen Umwelt diskutiert.
Zum Abschluss der Rheingau-Exkursion beschäftigten sich die Studierenden mit dem Thema Weinbau, der den regionalen Charakter der Kulturlandschaft maßgeblich prägt. Das weltweit erste Riesling-Weingut wurde von Annik Löcher, Helena Vogel und Susanne Michelmann ausgewählt, um das besondere Zusammenspiel von Klima, Boden und Reben zu verdeutlichen. Bei einer Terroir-Weinprobe in den Weinbergen des Schlosses Johannisberg erläuterte Diplom-Geologe Dr. rer. nat. Klaus Wolter anhand von drei ausgewählten Weinen die Wechselwirkungen dieser Faktoren.