Mainzer Geographische Studien, Heft 41:

Kirchner, Gerd: Physikalische Verwitterung in Trockengebieten unter Betonung der Salzverwitterung am Beispiel des Basin- and Range-Gebiets (südwestliche USA und nördliches Mexiko).

 

ZUSAMMENFASSUNG DER ERGEBNISSE

Eindeutig der Salzgewinnung zuzuschreibende Formen sind in der Basin-and-Range-Provinz zwar relativ weit verbreitet, aber innerhalb des Verbreitungsgebiets weitgehend auf geeignete Standorte beschränkt. Die Faktoren, die die Eignung bestimmen, sind im Falle der kavernösen Verwitterungsformen Lithologie, topographische Lage, Exposition, Ariditätsgrad des Klimas und vor allem Zufuhrmöglichkeit von Salzen, besonders auf äolischem Weg. Bereiche intensiver Gesteinszersplitterung durch Salzsprengung finden sich in schmalen Zonen am Fuß von grobmaterialreichen Schwemmflächern, die an salzreiche Playas angrenzen.

Tafoni bilden sich nach den hier vorgelegten Ergebnissen bevorzugt:

- Granitoiden und sauren Pyroklastiten, aber auch in sauren und basischen Vulkaniten sowie in dickbankigen, homogenen Grobsedimenten (lithologischer Einfluß),
- auf relativ stabilen, flach geneigten Hängen und inaktiven Schwemmflächoberflächen oder an den Flanken von Felsburgen oder Restbergen, primär in südlichen Expositionen in relativ geringer Höhe über dem Boden (topographischer Einfluß),
- in niederschlagsarmen Klimaten, die im Jahresdurchschnitt durch Vollaridität oder oder trockene Semiaridität gekennzeichnet sind und dabei mindestens acht voll- oder semiaride Monate aufweisen (klimatischer Einfluß),
- in relativer Nähe zu einem Liefergebiet für äolisch transportierte Salze (kann dies das Meer oder eines Salzsee sein, am häufigsten aber eine Playa mit salzreichen Sedimenten an der Oberfläche).

Je nachdem, wie stark die Ausprägung eines oder mehrerer dieser Faktoren ist, kann sich die Bedeutung der anderen verringern. So können sich z.B. bei sehr starker Salzzufuhr auch in ansonsten gegen die Salzverwitterung widerständigen Gesteinen kavernöse Verwitterungsformen bilden, während dies andererseits bei besonders anfälligen Gesteinen und/oder bei hohem Ariditätsgrad auch in größeren Entfernungen von einem Salzliefergebiet geschehen kann.

Welchen Anteil die Salzverwitterung an Prozessen wie Blockschuttbildung, Desquamation und Abgrusung hat, ist, wie im vorhergehenden Kapitel aufgeführt, fraglich. Oft wird die Salzverwitterung pauschal als Prozeß genannt, der in Trockengebieten in hohem Maße zur Gesteinszerstörung beiträgt. Dies ist bei den relativ geringen Salzmengen, die in abgrusendem Material sowie in Feinmaterial aus Rissen hinter Desquamationsschalen und zwischen Blockschutt gefunden wurden, zwar durchaus möglich, aber keineswegs sicher. Andere Verwitterungsprozesse wie der Quellungsdruck von Tonmineralien, die allerdings auch nur in geringen Anteilen nachgewiesen wurden, die Ausdehnung und Kontraktion der gesteinsbildenden Minerale selbst bei Befeuchtung und Austrocknung, die chemische Verwitterung z.B. in Form der Oxidation eisenhaltiger Minerale oder Kaolinisierung von Feldspäten und, zumindest bei entsprechenden klimatischen Verhältnissen, die Frostverwitterung müssen wenigstens teilweise für die beobachteten Formen des Gesteinszerfalls verantwortlich sein.

Welche dieser Formen an einem bestimmten Standort nun durch das Zusammenspiel oben genannter Verwitterungsprozesse gebildet werden, hängt wiederum von einer Reihe von Faktoren ab. Während Blockschutt in allen Gesteinen gebildet werden kann, wobei die Intensität des Zerfalls und die Größe der Bruchstücke von Verteilungsdichte und –muster der Trennflächen abhängt, werden von der Abgrusung naturgemäß nur grobkörnige Massengesteine (hauptsächlich Granitoide, aber auch grobkörnige Pyroklastite und Segmentgesteine – dort eher als Absandung zu bezeichnen) betroffen; die Desquamation wirkt auf alle Massengesteine. Bei grobkörnigen Massengesteinen wird die Frage, ob sie vorwiegend von Desquamation oder Abgrusung betroffen sind, zum großen Teil vom Grad der Gesteinslackentwicklung auf ihrer Oberfläche bestimmt, der wiederum vom pH-Wert und dem Eisen-Mangangehalt des auf ihn abgelagerten äolischen Staubs abhängt, sowie davon, ob die ökologischen Bedingungen für das Wachstum der gesteinslackbildenden Mikroorganismen geeignet sind.

Die Oberflächen der Massengesteine unterliegen also im allgemeinen der Desquamation und/oder Abgrusung und werden durch diese Prozesse zurückverlegt und dabei abgerundet. An geeigneten Standorten sind die Gesteinskörper außerdem von der kavernösen Verwitterung betroffen, die sie von den Seiten und gegebenenfalls von unten her aushöhlt und den Zerfall stark beschleunigt. Die Wirksamkeit dieses Vorgangs zeigt sich z.B. Auf dem Hanaupah Fan im Death Valley, wo sich auf den jüngsten pleistozänen Schwemmflächeterrassen (Alter: einige zehntausend Jahre) zahlreiche große Blöcke von mehreren Dezimetern bis mehreren Metern Durchmesser befinden, die zum großen Teil stark tafoniert sind. Auf den ältesten Terrassen (Alter: einige hunderttausend Jahre, wo diese Prozesse bereits wesentlich länger andauern, sind fast keine größeren Blöcke, sondern nur noch deren eckige Bruckstücke in cm- bis dm –Größe vorhanden.

Somit können sich ausgeprägte Tafoni von bis über 1 m Durchmesser in etwa 10 000 Jahren bilden, wie die im Bereich der jungpleistozänen Seen des nordwestlichen und nordöstlichen Great Basin beobachteten Formen zeigen. Intensive Aushöhlung von Blöcken auf Schwemmfächerterrassen stellt sich im Laufe von mehreren Jahrzehntausenden ein und führt spätestens nach mehreren Jahrhunderttausenden zum vollständigen Zerfall der Blöcke. Die Salzverwitterung übt also über die Tafonierung von Gesteinsblöcken und durch die intensive Zersplitterung am Fuß von Schwemmfächern in weiten Teilen der Basin-and-Range-Provinz einen wesentlichen Beitrag zur Gesteinszerkleinerung und Bereitstellung feineren Materials, das fluvial und äolisch leichter weitertransportiert werden kann, aus. Die Tieferlegung von Oberflächenformen wird in Gebieten starker Salzverwitterung deutlich unterstützt.

Während der pleistozänen Seespiegelhochstände dürfte die Salzverwitterung infolge des humideren Klimas und der weitgehend fehlenden Verfügbarkeit äolisch transportierbaren Salzstaubs in den wasserbedeckten Beckenzentren stark gehemmt gewesen sein. Mit zunehmender Höhe über dem Meeresniveau nimmt die Bedeutung der Salzverwitterung, zumindest der hauptsächlich durch die Salzsprengung gebildeten kavernösen Verwitterungsformen, ab. Dies beruht auf der dort geringer werdenden Aridität größeren Häufigkeit steiler und damit in diesem klimageomorphologischen Formungsbereich weniger stabiler Oberflächenformen und der größeren horizontalen und vertikalen Entfernung von Salzliefergebieten. Die absolute Höhenlage spielt dabei eine geringere Rolle (die höchstgelegenen Tafoni wurden auf ca. 2600 m gefunden) als die relative Höhe über dem Boden des angrenzenden Beckens, was wiederum auf die Bedeutung der Möglichkeit des äolischen Antransports von Salzstaub hinweist. Wie zu erwarten, nimmt im Gegenzug die Wichtigkeit der Frostsprengung zu, bis sie schließlich in den höheren Gebirgslagen gegenüber allen anderen Verwitterungsprozessen überwiegt.